Der Beckenboden – der glücksbringende Alleskönner

Ja, der Beckenboden. Da war doch was, ich kann mich vage daran erinnern, dass ich schon mal von dem gehört habe. Was war das nochmal? Wir alle haben schon von ihm gehört, mal hier mal da, dass er uns beim Sex einen besseren Orgasmus bereiten kann, dass er unsere Blase daran hindert beim Niesen Urin abzulassen. Aber so richtig Beachtung schenkt man ihm leider erst, wenn man die ersten Beschwerden hat, und das ist – das behaupte ich jetzt einfach mal so- bei uns Müttern der Fall, wenn wir irgendwann, gefühlt nach 3 Leben wieder anfangen Ausdauersport zu betreiben, wie etwa joggen. Ich habe mir joggen ausgesucht, weil es zu diesem Zeitpunkt am unkompliziertesten war meine Ausdauerziele umzusetzen. Aber der Anfang war nicht besonders motivierend. Ich erinnere mich noch ganz genau, als ich das erste Mal nach der Geburt meines Sohnes wieder joggen war, man, war ich froh ein Long-Shirt angehabt zu haben. Denn, es machte gefühlt bei jedem Kontakt meiner Füße mit dem Boden und dem darauffolgenden Abstoßen in meiner Hose tropf, tropf und nochmal tropf. Ich drehte mich um, und dachte mir, puh, keiner hinter mir, ich gehe mal schnell meine Blase leeren, dann geht’s bestimmt wieder besser. Blase geleert, die nächsten 1000 Meter ging es vielleicht und dann kam wieder dieses leise, verräterische tropf, tropf, tropf. Gut, dass ich so unfit war, dass ich nach weiteren 200 Metern von meinem Körper gezwungen wurde zu gehen, leise und sanft, möglichst ohne Erschütterung im Bauchraum. So schlich ich nach Hause und war – nein nicht von Endorphinen – sondern eher von Frusthormonen überschüttet. Glaubt mir, ich habe erst sehr spät verstanden, wie wichtig diese Muskelgruppe für uns Frauen ist! Ich hatte trotz meiner Jahrelangen Yogapraxis nahezu keinen Kontakt mit meinem Beckenboden aufgenommen. Inzwischen jogge ich – sporadisch- ganz gern und ohne Zwischenfälle.

Was & wo ist der Beckenboden?

Der Beckenboden besteht aus drei Schichten, der äußeren, der mittleren und der inneren. Er ist der, aus Bindegewebe und Muskeln bestehende Boden des Beckens. Stützt innere Organe, insbesondere die Blase und die Gebärmutter bei uns Frauen und sorgt darüber hinaus für eine stabile, aufrechte Haltung. Er ist im Becken zu finden und verläuft längs zwischen Schambein und Steißbein und verbindet quer die beiden Sitzbeinhöcker.

Was macht der Beckenboden?

Der Beckenboden übernimmt drei Hauptfunktionen: das Anspannen, das Entspannen und das reflektorische Gegenhalten. Angespannt verhindert er den unkontrollierten Abgang des Urins, er unterstützt die Schließmuskeln der Harnröhre und des Anus und verhindert ein Raustropfen des Urins. Somit ist der Beckenboden die wichtigste Unterstützung bei Inkontinenz. Im entspannten Zustand lässt er das Urinieren und den Stuhlgang zu. Und beim Niesen, Husten, Lachen, Springen etc. hält der Beckenboden reflektorisch dagegen und sorgt dafür, dass wir trocken bleiben. (Tja, das hätte ich mal wissen sollen)

Und wie kann ich den Beckenboden trainieren?

Um den Beckenboden zu trainieren, musst du erst einmal ein Feingefühl für die Muskelgruppe entwickeln. Man kann den Beckenboden nur „von innen heraus“ wahrnehmen. Versuche die folgenden Übungen über den Tag verteilt immer wieder zu machen. Es geht hierbei darum eine Beziehung zu diesen Muskeln aufzubauen, damit du sie später gezielter greifen und trainieren kannst.

Die äußere Schicht, die, die Schließmuskeln des Anus und der Blase unterstützt, kannst du am besten erspüren, indem du dir vorstellst, dass du deine Körperverschlüsse nach innen saugst. So in etwa, als müsstest du ganz dringend aufs Klo und kannst nicht. Du bist gezwungen alles noch etwas zurückzuhalten.

Für die mittlere Schicht solltest du erst einmal deine Sitzbeinhöcker wahrnehmen. Das sind die harten, runden Knochen, am unteren Ende deines Beckens. Am besten kannst du sie wahrnehmen, wenn du auf einem harten Untergrund sitzt und dein Becken ein paarmal nach vorne und hinten kippst. Kippst du es nach Hinten, sitz du auf deinem Po, kippst du es nach vorne, sitzt du auf deinen Oberschenkeln. Finde jetzt irgendwo die Mitte und tatsächlich, du sitzt auf deinen Sitzhöckern. Bist du nun hier, stelle dir vor, dass du die Sitzhöcker zueinander ziehst. Und spüre hinein und versuche wirklich die Bewegung des Muskels von innen herauszugreifen.

Die innere Schicht ist am schwersten zu erspüren. Sie ist diejenige, die dir dabei hilft, im Sitzen und Stehen eine aufrechte Haltung einnehmen zu können. Um diese Schicht wahrnehmen zu können, musst du besonders feinfühlig in die Bewegung hinein spüren. Stelle dich dafür hin und mache ganz kleine Kippbewegungen des Beckens. Bringe nun dein Bewusstsein zu deinem Kreuzbein (der flache Knochen zwischen Steißbein und Wirbelsäule) und versuche es, ganz sanft und minimal nach unten und vorne zu bewegen. Mache dies ein paarmal und gehe dann mit deiner Achtsamkeit in deinen Bauchraum und versuche die Bewegung der inneren Schicht zu erspüren.

Übung macht die Meisterin

Falls die oben genannten Übungen nicht gleich funktionieren, bleib geduldig. Es braucht einfach Zeit ein Feingefühl für das Erspüren zu entwickeln. Aber regelmäßiges Üben ist das A und O. Du kannst diese Einheiten beim Kochen, Zähne putzen, auf den Bus warten, im Aufzug, wo auch immer, immer wieder üben und irgendwann wird’s von alleine gehen. Denke aber bitte immer daran, übe stets sanft und ohne dich (mental) anzustrengen. Bleib stets dir und deinem Körper gegenüber achtsam.

Und ein toller Nebeneffekt dieser achtsamen Übungen ist, dass sie dich auch in eine innere Ruhe bringen. Probiere sie gerne aus!

Alles Liebe,

Harini